Einen grossen Ansturm gab es bei unserer ersten Abendtour. Für dieses Jahr. Gemeinsam mit Caterina haben wir uns auf den Weg begeben, das Florenz der Florentiner, also abseits der gewöhnlichen touristischen Route kennen zu lernen. Los ging es im Eingangsbereich der Scuola Toscana mit Caterinas berühmtem Spiel. Gewonnen hatte die Gruppe, die die meisten Sprachschüler einer Nation darstellt. In diesem Fall hatten wir mit 7 Deutschen klar die Nase vorn. Als ‘Gewinner’ mussten wir dann unsere Nationalhymne singen. Die Schweizer waren zweitstärkste Gruppe und dann gab es noch einige Österreicher, Japaner und Holländer. Nun haben wir uns auf den Weg gemacht und Caterina hat uns immer entscheiden lassen ob links, rechts etc. natürlich auf Italienisch.
Erster Stopp war hinter dem Palazzo Vecchio. Im Sommer ist dieser bis 23.00 geöffnet. Dario Nardella, der Bürgermeister von Florenz hat dort auch ein Büro. Costeggiare- entlanggehen, vorbeiführen haben wir neu gelernt.
Danach haben wir uns zur Piazza della Signoria begeben wo uns auch schon das erste Geheimnis erwartete. Und zwar befindet es sich leicht hinter der Kopie der berühmten Davidstatue ein kleines Wandporträt. Das Profil eines Mannes ist deutlich zu erkennen. Allerdings war das kein Schmierfink, sondern Meister Michelangelo höchstpersönlich. In der Loggia dei Lanzi direkt gegenüber wurden früher öffentlich Hinrichtungen durchgeführt bzw. diese danach zur Schau gestellt.
Nun hatte Michelangelo den Mann auf der Loggia entdeckt. Dieser schuldete ihm noch eine gewisse Summe Geld und konnte diese aber nicht mehr begleichen. Darum meißelte ihn Michelangelo in die Wand.
Direkt im Anschluss haben wir uns die Perseusstatue in der Loggia dei Lamzi angesehen. Diese wurde von Benvenuto Cellini geschaffen, welcher sich in sein eigenes Werk einbrachte. Um Cellini zu sehen, muss man sich auf die andere Seite der Statue, also in die Loggia begeben. Als erstes scheint es als ob Perseus halb kahl sei, aber nein er ist es nicht. Es ist der Bart von Cellini! Dort wo der Hinterkopf von Perseus sein sollte ist das Gesicht von Cellini.
Die Statue wurde von Cosimo de Medici in Auftrag gegeben. Perseus war derjenige, der den Kopf der Medusa abschlug, Cosimo war derjenige, der die Repubblica Fiorentina ‘abtrennte’ und Florenz in eine ‘Diktatur’ verwandelte.
– Ammanato, Ammanato, che gran marmo hai rovinato
Als Biancone bekannt ist die Statue im Neptunbrunnen von Bartolomeo Ammanati. Bianco wegen seinem weissen Aeusseren und -one ist die italienische Endung für groß. Der große Weiße also. Ein echter Florentiner wird niemals Neptun sagen, sondern immer den Spitzamen Biancone verwenden.
In der Mitte des Platzes gibt es eine Rotunde mit einer Inschrift. Dort wurde Girolamo Savonarola gehängt. Dieser war ein Gegner der Medici und rief dazu auf alles nicht religiöse, also ‘pagano’ zu verbrennen. Darunter fielen Kleider, Bücher etc. die nichts mit Religion zu tun hatten. Doch dem setzte Graf Borgia am 24. Mai 1498 an dieser Stelle ein Ende.
Folgend haben wir uns Richtung Palazzo Strozzi begeben und das Gebäude beäugt. Die Eisenteile wurden von einem versierten Mann angefertigt – Niccolò Grosso. (Fabbro – der Eisen bearbeitet). Nach den Arbeiten am Palazzo gab es aber keinen Auftrag mehr für ihn und so musste er einer anderen Beschaeftigung nachgehen und verkaufte stattdessen Zwiebeln vor dem Palast. (Piazza delle ) Als ein Mitglied der Familie Strozzi das sah, gab er ihm den Auftrag Lampen anzufertigen. Dies tat Grosso auch in der abstrakten Form einer Zwiebel.
Danach haben wir uns den Palazzo Rucellai angesehen. Dieser trägt an seiner Außenfassade unter den Fenstern ein steinernes Ornament in Form einer Pflanze, oricella wird sie genannt. Der Legende nach begab sich ein Ritter zu Pferd auf Reisen und musste seine Notdurft verrichten. Da aber keine Toilette in Reichweite war musste er sich mit einem Grünstreifen am Wegesrand begnügen. Er verrichtete also sein Geschäft und wunderte sich dann als die Pflanze mit der rosafarbenen Blüte ihre Farbe änderte. Violett war geboren und wurde künftig als Farbe verwendet.
An der Straßenseite unter dem Straßenschild befindet sich eine kleine Holztür mitten in der Wand. Die Teilnehmer des letzten Rundgangs wussten bereits, dass es sich dabei um den wortwörtlichen Vino della Casa handelt.
Dann haben wir vor einem Balkon haltgemacht, der aber kein gewöhnlicher Balkon ist. ”Sì, al contrario”. Alles wurde hier umgekehrt gebaut. Die Eigentümer erhielten nie die Erlaubnis einen Balkon zu bauen, denn immer störte etwas Ferdinando, Sohn Cosimo de Medici an dem Entwurf. Überdrüssig des Nein-Sagens tappte er in die Falle – ”Sìì al contrario”, was eigentlich Ja im Genteil, also Nein bedeutet. Dies sahen die Hauseigentümer als ihre Chance an und ließen sich ihren lang ersehnten Balkon bauen, nur eben mit verkehrten Säulen.